nun bin ich mir sicher: thanksgiving ist hier ein ganz besonderer feiertag. das erste indiz dafür sammelte ich donnerstags früh im speisesaal meiner herberge. als ich diesen ansonsten nicht für sein optisch sehr ansprechendes flair berühmten saal frühstücksbedingt betrat, mußte ich mir erstmal ungläubig den schlaf aus den augen reiben. entdeckte ich doch tatsächlich weißbetuchte tische inklusive blumenschmuck, ein überbordendes frühstücksbuffet und eine andeutung eines lächelns in manch einem gesicht des frühstückspersonals, von dem ich bisher immer angenommen hatte, es sei zum bösen blick verurteilt.
über der ganzen atmosphäre lag eine art-sagen wirs mal so- feierlicher glanz!
mittags konnte ich das kulinarische verwöhnprogramm des ywca leider nicht in anspruch nehmen, da ich mich auf den weg zum haus meines chefs machen mußte. nach allerlei vorkommnissen (verpasster zug wegen feiertagsbedingt langer wartezeit auf die u-bahn,…) kam ich dann letztendlich wohlbehalten in lincoln (einige kilometer ausserhalb bostons) an.
im haus von dan merfeld war das thanksgiving fest schon angelaufen, und zwar etwas anders, als man es in so manchem film sieht. anstatt feierlich am tisch zu sitzen, herrschte eher eine lockere selbstbedienungs-atmosphäre. am buffet durfte neben diversen amerikanischen beilagen natürlich der obligatorische truthahn nicht fehlen. dieser 10 kg vogel wurde lt.angaben des hausherren von ihm selbst zubereitet, und hatte eine 7-stündige räucher-gar-prozedur hinter sich. der aufwand hatte sich gelohnt, das ergebnis war wirklich köstlich.
nachdem mein chef in der freizeit (wußte bis vor kurzem gar nicht, dass er welche besitzt) selbst bier braut, war natürlich auch eine verkostung einiger seiner sorten notwendig. diese haben mich dann geschmacklich leider nicht so überzeugt-zumal auch der name einer sorte etwas irritierend war: „chocolate stout“.
nachdem bei der einladung darum ersucht wurde, eine spezialität des heimatlandes mitzunehmen, entschied ich mich (schweren herzens), eine flasche des wertvollen zirbengeistes meines vaters zu opfern. nach apfel- und kürbiskuchen und allerlei diskussionen über die korrekte übersetzung für „zirbengeist“ gabs dann endlich eine runde verdauungsstamperl – welche internationale anerkennung erntete.
alles in allem war es ein sehr gemütlicher nachmittag in netter atmosphäre. dieser feiertag ist übrigens der wichtigste familienfeiertag im jahr – fast jeder versucht diesen tag, wenn möglich gemeinsam mit seiner familie zu verbringen.
geschichtlich gibt es einige theorien über den ursprung des festes. eine davon besagt, dass die ersten siedler hier in neuengland als dank für die hilfe der einheimischen wampanoag-indianer, ohne deren hilfe sie den ersten winter nicht überlebt hätten, gemeinsam mit ihnen ein 3 tägiges erntedank-fest feierten . 50 jahre später waren die indianer in neuengland fast total ausgerottet.
lg,
j.
ps: fotos habe ich in diesem privaten rahmen keine machen wollen